HANS
BROCKHAGE
Der Bildhauer, Formgestalter und Kunstprofessor Hans Brockhage (*1925, †2009) gilt als maßgeblicher Reformer eines zeitgemäßen Verhältnisses von Tradition und Form in der DDR auf dem Gebiet des »Umgangs mit Holz«, wie er seine Arbeit selbst bezeichnete.
Hans Brockhage wurde am 27. Februar 1925 in Schwarzenberg im Erzgebirge geboren. Nach dem Notabitur im Jahr 1942 wurde er mit 17 Jahren zum Kriegsdienst eingezogen und kehrte im Frühjahr 1944, schwer verwundet, nach Schwarzenberg zurück.
1945 begann er eine Lehre zum Holzbildhauer und Drechsler in Seiffen im Erzgebirge. Von 1947 bis 1952 studierte er an der Hochschule für Bildende Künste Dresden unter der Leitung von renommierten Lehrern wie Will Grohmann, Hans Theo Richter, Ludwig Renn, Theodor Artur Winde, Mart Stam und Marianne Brandt. Mit der Bauhäuslerin Marianne Brandt verband ihn bis zu ihrem Tod eine freundschaftliche Beziehung.
Unter der Betreuung von Mart Stam entstand das Spielgerät "Schaukelwagen", das 1957 mit dem Siegel "Spiel-gut" Ulm ausgezeichnet und 1960 auf der Triennale Mailand präsentiert wurde. Das Spielgerät "Schaukelwagen" ist in der ständigen Sammlung des MOMA - Museum für Moderne Kunst in New York, des Centre Pompidou in Paris und des Albert und Victoria Museums in London vertreten.
Von 1955 bis 1965 arbeitete er als freiberuflicher Formgestalter in Schwarzenberg. Im Jahr 1965 begann er an der als Dozent an die Hochschule für industrielle Gestaltung Burg Giebichenstein/Halle zu arbeiten und baute ab 1968 an der Fachhochschule Schneeberg eine Klasse für Holzgestaltung auf.
Von 1977 bis 1990 leitete er die "Holzklasse" der Hochschule für angewandte Kunst Schneeberg (heute Westsächsische Hochschule Zwickau, Fachbereich Angewandte Kunst Schneeberg) als Professor. Im Jahr 1968 begann er mit bauplastischen Arbeiten in Holz und Sichtbeton. Ab 1975 arbeitete er an monumentalen Skulpturen im Rahmen des "Kunst am Bau"-Programmes für Gesellschaftsbauten und Stadtgestaltung. Ab 1990 nahm er an internationalen Kunstmessen in Basel, Köln und Karlsruhe teil. Bis 2008 hatte er zahlreiche Einzelausstellungen und nahm an nationalen und internationalen Kunstausstellungen teil. Von 2000 bis 2009 veröffentlichte er verschiedene Bücher, u.a. über Marianne Brandt, die Schnitzkunst im Erzgebirge und sein eigenes Schaffen. Im Jahr 2009 übernahm er die Schirmherrschaft für den 3. Kunstpreis art-figura der Stadt Schwarzenberg. Hans Brockhage verstarb am 18. Februar 2009 in Schwarzenberg im Erzgebirge.
Ausstellungen (Auswahl):
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1973: Galerie Zecheta, Warschau; Galerie Oben, Karl-Marx-Stadt
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1976: Art-Museum, Tampere/Finnland (mit Thea Reichart)
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1977: VIII. Kunstausstellung der DDR, Dresden (Beteiligung)
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1978: II. Quadriennale des Kunsthandwerks sozialistischer Länder, Erfurt (Beteiligung)
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1980: Galerie am Domhof, Zwickau (mit Michael Morgner)
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1983: IX. Kunstausstellung der DDR, Dresden (Beteiligung)
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1985: Galerie unter den Linden, Berlin (mit Gregor Kozik); Neuer deutscher Kunstverein, Berlin/West (mit Morgner, Ranft, Kozik, Teubner); Galerie Hohenluftchausee, Hamburg
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1985: Holzsymposium Bermsgrün, mit Marielies Riebesel, Manfred Schindler, Gerhard Gampfer, Gunter Beier, Jörg Beier, Gerd Kaden
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1986: „Durchblick II“, Ludwig-Institut für Kunst der DDR, Schloß Oberhausen; Ludwig Institut, Aachen
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1989: centre d´culturelle, Belfort (Frankreich) (mit Gregor Kozik)
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1989: Galerie Beethovenstraße, Düsseldorf (mit Michael Morgner)
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1989/1990: Barockgarten Kloster Kamp-Lintfort, Kamp-Lintfort
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2015/2016: Deutscher Bundestag / Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Berlin
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2015/2016: Hans Brockhage Retrospektive, Neue Sächsische Galerie, Chemnitz
Freie Arbeiten (Auswahl):
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1985: Ereignis, Eichenholz
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1986: Jüngling zu Nain, Eichenholz
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1986: Aufbäumung, Eichenholz, Höhe 5 m
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1989: Poem des Tanzes, Eichenholz, Höhe 2,20 m
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1989/1990: Er aber zog seine Straße fröhlich, Eichenholz, Höhe 2,85 m
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1990: Mahnmal für das jüdische Mädchen Betty Reis, Eichenholz
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1995: Vertikaler Einfall II, Eichenholz
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2000: offering/Opferung, Eichenholz/Bronze
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2001: Poem des Tanzes, Bronzeabgruß vom Holz
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2002: Pforte, Eichenholz
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2003: Zwischen, Eichenholz
Standorte freier Arbeiten (Auswahl):
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Marianne-Brandt-Haus, Heinrich-Beck-Str.22, Chemnitz
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Neue Synagoge, Chemnitz
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Betty-Reis-Gesamtschule, Wassenbergen
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Schloss Oberhausen, Oberhausen (Ruhr) / (Abriss 2019)
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Ludwig-Museum, Museum of Contemporary Art Budapest (Ungarn)
Baugebundene Arbeiten (Auswahl):
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1968: Wandgestaltung im Vestibül und Raumteiler im Selbstbedienungsbüffet des Fichtelberghauses, Oberwiesenthal
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1971: Sichtbeton (Form vom Holz), Karl-Marx-Stadt (Stadthalle Chemnitz)[3]
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1979: Plastik Strandburg im Hotel, Palasthotel Berlin (Abriss 2000)
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1982–1983: Altarwand (Betonstruktur) und Bauplastik (Kruzifix) in Mooreicheholz, Bonhoeffer-Gemeindezentrum Karl-Marx-Stadt
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1984: Holzstele im Mehrzweckraum der Mensa der Ingenieurhochschule Mittweida
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1988: „Schwemmholz“, Ferienheim Baabe
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1989: Gestaltung der Gaststätte Almas in Irkutsk (Russland)
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1989: „Balkenwerk“ Ferienheim Schöneck/Vogtland
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1995: Wandgestaltung, Mensa der Bergakademie Freiberg, mit Clauss Dietel
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2001: Bauplastische Arbeit, Hotel „Mercure Kongress“ Chemnitz
Auszeichnungen:
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1957: spiel gut der Stadt Ulm, für das Spielgerät Schaukelwagen
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1960: XII. Triennale di Milano
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1976: Kunstpreis der DDR
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1976: Kunstpreis des FDGB
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1983: Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur („für seine beispielhaften Leistungen auf dem Gebiet der künstlerischen Holzgestaltung“)
»...Hans Brockhage (...) hinterließ mit seinen oft auch im wörtlichen Sinne überragenden Skulpturen, Figuren-Ensembles und baugebundenen Schöpfungen das Lebenswerk eines der bedeutendsten deutschen Kulturschaffenden seiner Art und Zeit.«
Günter Höhne, www.industrieform-ddr.de
»WIND
ZWISCHEN
BÄUMEN/
HANS
BROCKHAGE
BILDHAUER«
»Moritz Richard Schmidt lässt in einem sehr einfühlsam geführten Interview Hans Brockhage zu Wort kommen. In wenigen Sätzen spannt Brockhage den Bogen vom durch den Zweiten Weltkrieg beschädigten Leben seiner Generation, über Beobachtungen von Bäumen, volkskünstlerischem Erbe, sachlichem Industriedesign bis hin zu Skulpturen der 1980er Jahre. Brockhage formuliert nachdenklich, vorsichtig, nicht ohne Humor, in typischen Understatement, dass man erst 60 Jahre alt werden müsse, um das Wesen der Plastik zu begreifen. Seine Gesten lassen die körperliche Dimension der Begriffe ahnen. »Denken ist Plastik«, sagte eins Joseph Beuys, aus der gleichen Generation. Der Film bewahrt die Er-Innerung an Hans Brockhage im echten Sinne des Wortes. Es wird sein Inneres, die wichtigsten Gedanken seiner flexiblen Methode, die er praktisch bis zur letzten Minute überprüfte, verwarf und von neuem entwickelte, dokumentiert.« Text: Johannes Eichenthal
EHEMALIGES WOHN- UND ATELIERHAUS VON HANS BROCKHAGE / ARCHITEKT
ROBERT LENZ
In dem reich illustrierten, ca. 60-minütigen Vortrag
zeichnet der Berliner Kulturpublizist, Buch- und Fernsehautor Günter Höhne (industrieform-ddr.de) die Lebens und Schaffensdaten des bis heute weithin unbekannten Bauhäuslers, Architekten und Formgestalters Robert Lenz zwischen 1930 und 1964 – u. a. in Schwarzenberg – nach.
Seit Ende 1950 war der Dessauer Bauhaus-Schüler
mit dem Schwarzenberger Künstler und Formgestalter
Hans Brockhage befreundet und gleichzeitig auch
Architekt für dessen Wohn- und Atelierhaus in derErlaer Straße. Robert Lenz und Hans Brockhage verband eine enge Ideenaustauschpartnerschaft, von der beide profitierten.
Ihre Bekanntschaft schlossen sie, als Robert Lenz in
Schwarzenberg mit dem Auftrag befasst war, die
Montagestrecke für neue Generationen von Haushaltwaschmaschinen zu entwerfen und einzurichten. Bereits zuvor hatte er Haushalt- und andere Metallgeräte u. a. für die VVB EBM (Eisen-, Blech- und Metallwaren) im damaligen Karl-Marx-Stadt entworfen. Zwischen 1946
und 1950 war der in Schopfheim (Baden Württemberg)
geborene Lenz in der ehemaligen »Sowjetischen Besatzungs Zone (SBZ) und der jungen DDR« mit außergewöhnlichen Schulbau-Projekten in Berlin, Brandenburg und Thüringen hervorgetreten, fiel dann aber nach 1950 der sogenannten »Formalismusdiskussion« in der SED Spitze zum Opfer.